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Cover des Bandes »Heimat global. Modelle, Praxen und Medien der Heimatkonstruktion«. ISBN 978-3-8376-4588-0
Cover des Bandes »Heimat global. Modelle, Praxen und Medien der Heimatkonstruktion«. ISBN 978-3-8376-4588-0
Foto: transcript

Den Heimat-Begriff dekontaminieren

In Zeiten der Globalisierung besteht die Chance, den Begriff »Heimat« neu zu denken und ihn von national-konservativer Vereinnahmung zu befreien

Der Begriff der Heimat dürfe nicht den Demagogen überlassen werden, das forderte Günter Grass bereits 1970. Der Autor der »Blechtrommel« bewies damit große Weitsicht: In den zurückliegenden Jahren entbrannte ein Kampf um die Deutungshoheit über die »Heimat«. Der Begriff sei diffus, flexibel und pluralistisch, »ein Begriff im stetigen Wandel«, konstatiert der Historiker Klaus Ries von der Universität Jena. Im Zeitalter der Globalisierung biete sich die Chance, Heimat gewissermaßen neu zu denken, einen einstmals kontaminierten Begriff mit neuen Inhalten zu versehen. Der Jenaer Romanist Edoardo Costadura ergänzt, der Heimatbegriff werde durch Ereignisse wie die sogenannte Flüchtlingskrise 2015 auf den Prüfstand gestellt: »Kann sich ein Flüchtling eine neue Heimat machen? Welche Prozesse laufen dabei ab?« Gemeinsam mit Christiane Wiesenfeldt (Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena) haben Klaus Ries und Edoardo Costadura das Buch »Heimat global. Modelle, Praxen und Medien der Heimatkonstruktion« herausgegeben. Es bietet historische Exkurse ebenso wie aktuelle Reflexionen zum Heimat-Begriff.

Der Soziologe Hartmut Rosa etwa bietet eine mögliche Deutung an: Heimat entsteht, wo ich als Mensch Resonanz erfahre, wo ich zu akzeptieren lerne und selbst akzeptiert werde.
Heimat lasse sich nicht auf einen Begriff einengen, so der Tenor einer Tagung, bei der sich Historiker, Theologen, Politikwissenschaftler, Soziologen, Rechts- und Musikwissenschaftler sowie Kulturschaffende an der Friedrich-Schiller-Universität ausgetauscht hatten. Edoardo Costadura spricht von einem Laboratorium, in dem Sinne, dass Heimat in bester aufklärerischer Weise als ein offenes und integratives gesellschaftliches Projekt verstanden werden sollte. Dabei spiele die Globalisierung eine große Rolle, so Costadura: »Sie bietet die Chance, Heimat neu zu denken, ohne die Verengung auf eine national-konservative Sichtweise

Text: Stephan Laudien



Krisendebatte: Was bedeutet die Krise für die Zukunft der Demokratie? ISBN 978-3-18-29862-6
Krisendebatte: Was bedeutet die Krise für die Zukunft der Demokratie? ISBN 978-3-18-29862-6
Foto: suhrkamp

Krisendebatte

Die Demokratie steckt in der Krise. Die fundamentalen ökonomischen, ökologischen und sozialen Umwälzungen machen deutlich, dass die bisherige Wachstumsdynamik die
moderne Gesellschaft nicht mehr stabilisiert, sondern selbst ein Krisentreiber ist.

In diesem von den Jenaer Soziologinnen Hanna Ketterer und Dr. Karina Becker herausgegebenen Band diskutieren Forscherinnen und Forscher, was die aktuell wahrgenommene Krise für die Zukunft der Demokratie bedeutet und welche Wege hin zu einer demokratischen Transformation vorstellbar sind. Zu den Autoren gehört auch Prof. Dr. Klaus Dörre , der weniger die Demokratie in der Krise sieht, als den Kapitalismus.

Text: Ute Schönfelder

 

 

Sonderband des Berliner Journals für Soziologie. ISBN 978-3-658-25946-4
Sonderband des Berliner Journals für Soziologie. ISBN 978-3-658-25946-4
Foto: Springer VS

Was nach dem Wachstum kommt

Der Sonderband des Berliner Journals für Soziologie ist anlässlich der Abschlusskonferenz des DFG-Forschungskollegs »Postwachstumsgesellschaften« der Universität Jena erschienen, die im September 2019 stattgefunden hat. Der Band fasst die Themen und Thesen des seit 2011 geförderten Forschungskollegs zusammen und greift wichtige Erkenntnisse der vergangenen acht Jahre auf.

Inhaltlich geht es dabei von der Ausgangsthese des Kollegs, wonach die Zeiten des Wachstums in den Ländern des Globalen Nordens vorbei sind, über die Frage nach der Zukunft von Wohlfahrt und Demokratie, bis zum Ausblick auf Kräfte und Pfade des gesellschaftlichen Wandels. Letzteres wird an Beispielen wie dem Rechtspopulismus oder der Degrowth-Bewegung diskutiert.

Text: Ute Schönfelder